Europameisterschaft der UIBBN am 12. und 13. Juni 2015 in Zwickau und Werdau
von Dr. Andreas Müller
Das Zusammentreffen unterschiedlicher Kulturen war noch nie einfach und beschäftigt gegenwärtig nicht ohne Grund ganze Heerscharen von Politikern und Sozialwissenschaftlern. Auch die EM der UIBBN in Westsachsen war ein solches Zusammentreffen, noch dazu ein erstmaliges, denn die in Frankreich gegründete Union Internationale de Bodybuilding Naturel (UIBBN) trug ihre Europa- und Weltmeisterschaften in den letzten 20 Jahren gewöhnlich in Italien, Belgien, Frankreich oder Südafrika aus. Dass es bei dieser EM im Natural-Bodybuilding besser klappte als an anderer Stelle, ist aus meiner Sicht wohl vor allem dem maximalen Bemühen um Toleranz auf allen beteiligten Seiten zu danken. Das betrifft nicht nur die Vorstellungen von Zeitmanagement, die in Frankreich traditionell mit Sicherheit andere sind als in Deutschland (sowohl die Anmeldung am Freitag als auch die Vorwahl am Samstag begannen mit ca. 45 Minuten Verspätung), sondern auch Französisch als „Amtssprache“ bei einer Meisterschaft. In Belgien und logischerweise in Frankreich mag das kein Problem sein, in Werdau stieß es – weniger bei Aktiven, sondern mehr bei Zuschauern – teils auf herbe Kritik. Die natürlich der Veranstalter, also ich, abbekam, obwohl ich mich einfach nur an das Reglement gehalten hatte. Ungeachtet dessen war die Veranstaltung aus sportlicher Sicht wohl, soweit ich das nach drei Stunden Schlaf in zwei Tagen mitbekam, durchaus ein Erfolg.
Dass nach einer Bodybuildingmeisterschaft gewöhnlich vor allem die eher vorn platzierten Athletinnen und Athleten glücklich sind, während die weiter hinten Platzierten hingegen weniger froh wirken, ist ja nichts Neues, aber menschliche Entgleisungen nach enttäuschten Erwartungen bei der Platzierung, wie man auch im Natural-Bodybuilding inzwischen leider mehr als genug erlebt, gab es im Werdauer Koberbachcentrum zumindest meinem Augenschein nach nicht. Stattdessen umarmten sich die Aktiven teils auf offener Bühne, formierte sich das französische Team im riesigen Backstagebereich spontan zum Chor, der lautstark unter dem Applaus der Umstehenden die Marseillais intonierte.
Das 18-köpfige deutsche Team schlug sich wacker und belegte in der Nationenwertung zwischen den alteingesessenen UIBBN-Mitgliedsstaaten Frankreich und Belgien einen hervorragenden zweiten Platz!
Stellvertretend für die allermeisten deutschen Athleten, die hier eine ausgezeichnete sportliche Haltung an den Tag legten, sei Daniel Gildner erwähnt, der Vize-Europameister wurde. Das ist an
sich schon ein Riesenerfolg, aber man hätte durchaus auch über Platz 1 diskutieren können. Daniel nahm diese Wertung mit einer Professionalität, die manchem Aktiven mit 20 Jahren mehr
Wettkampferfahrung gut zu Gesicht stünde! Diesem jungen Mann, der schon so viel Gegenwind ausgehalten hat, gehört mein uneingeschränkter Respekt.
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